Supermarkt

Die Kamera fährt durch den Laden. Immer wieder schwenkt sie in ein leeres Regal. In jedem leeren Regal steht ein Schild, auf dem steht „so sehen unsere Regale ohne die Hilfe von Ausländern aus“. Nur auf Entfernung und unscharf sieht man kurz, wie sich ein paar Menschen das wenige regional angebaute Obst und Gemüse mit dem Bio-Siegel in den Einkaufswagen legen.

Die Kamera hält am leeren Regal, in dem vor kurzem noch die vielen Süßigkeiten gelegen hatten. Ein einsames, kleines Schild an dem Regal. Die Kamera zoomt heran: „Schokolade“.

Und plötzlich rast die Kamera durch die Wand. Es geht in atemberaubender Geschwindigkeit über das Land, vorbei an Kühen, die unter den Wolken Gras fressen. Dann über das Meer. Die Wolken weichen dem blauen Himmel. Dann wieder über Land, vorbei an brüllenden Löwen und galoppierenden Zebras, ruhenden Giraffen und wilden Nashörner. Die Kamera macht einen Sprung nach oben, und von hier aus stürzt sie in eine Kakao-Plantage und stoppt genau über Bijan (Name geändert).

Bijan, 6 Jahre alt, wacht gerade auf. Er liegt angekettet im Staub, barfuß, richtet sich auf, reibt sich die Augen. Neben ihm ein Stück Brot. Er nimmt es und streift so gut es geht den Sand davon ab, dann isst er vorsichtig davon.

Plötzlich sind die Beine eines Erwachsenen neben ihm, Sandalen an den Füßen. Den Rest des Mannes sieht man nicht. Ein großer, schwerer Vorschlaghammer senkt sich neben seine Füße. Der Junge blickt ihn unsicher an. Dann fliegt der Hammer durch die Luft. Nach drei Schlägen springt die Kette ab, die Bijan gefangen gehalten hat.

Der Mann sagt etwas. Untertitel: „Du kannst gehen. Wir können Dich nicht mehr bezahlen. SIE kaufen unsere Waren nicht mehr.“

Bijan blickt ihn verständnislos an, während er noch auf seinem ersten Bissen Brot kaut. Er fragt etwas. Untertitel: „Wohin?“

Man sieht die Schultern des Mannes nicht, doch die Bewegung seines Hemdes lässt vermuten, dass er mit den Schultern zuckt. Ein unfreundlicher Tonfall. Untertitel: „Ich weiß nicht. Ist mir egal. Geh!“

Bijan geht. Er weiß nicht wohin. Seine großen und hilflosen Augen blicken umher und suchen etwas, das ihm Sicherheit vermitteln könnte.

Er verlässt die Plantage zum ersten Mal in seinem Leben.

In kleinen Zeitsprüngen kommt er durch verschiedene Gegenden. Mit dem letzten Zeitsprung verschwindet auch der letzte Bissen Brot in seiner Hand.

Ein Gebäude. Menschen sammeln sich davor. Menschen mit seiner Hautfarbe. Er geht zu ihnen.

Ernste Gesichter begutachten ihn aufmerksam. Dann lächeln sie. Ein Mann tritt vor und spricht ihn an.

Untertitel: „Machst Du bei uns mit? Wir arbeiten jetzt nicht mehr für DIE. Wir arbeiten jetzt für UNS. Wir bauen unser Land auf und schaffen uns eine Zukunft. Es wird harte Arbeit und wir können Dir nicht viel geben. Aber es wäre toll, wenn Du mitmachst. Wir sind eine Gemeinschaft.“

Es wird ihm ein Schlafplatz gezeigt, der für ihn wäre. Eine Decke. Eine Flasche Wasser. Im Hintergrund eine Dusche und eine Toilette.

Man gibt ihm ein Stück Brot und ein Ei. Sie sind frei von Sand, sauber und frisch.

Bijan fühlt sich wie im Paradies. Das Brot schmeckt fantastisch. Eine Träne der Freude kullert über sein Gesicht und nimmt auf dem Weg zum Kinn ein wenig von dem Sand mit, der Bijans Gesicht bedeckt.

Schnitt.

Der weiße Mann sitzt im weißen Anzug und mit weißen Schuhen auf seiner schwarzen Bank. Unter seinem weißen Hut schauen ein paar graue Haare hervor. Sein brauner Gehstock ist an die Bank gelehnt. Durch seine Sonnenbrille blickt er den Weg entlang. Geräusche kommen von dort. Neugierig schaut er, und eine Weile lang sieht er nichts.

Dann kamen sie um die Ecke. Eine Masse von Menschen, die nicht seine Hautfarbe hatten. Hastig nimmt der weiße Mann seinen Gehstock, hievt sich hoch und eilt ängstlich davon.

Die Kamera dreht sich zur der Menge von Menschen, und es wird offenbar: Die Menschen lachen, singen und tanzen sich in die Nahaufnahme hinein. Standbild mit einem Meer aus glücklichen und befreiten Gesichtern.

Ende.

Schlussbemerkung: Edward Bernays ist der Vater der Propaganda. Er brachte die Amerikaner für die Schinken-Industrie dazu, Schinken zum Frühstück zu essen. Er brachte die Frauen für die Tabak-Industrie dazu, Zigaretten zu rauchen, als es ihnen noch verboten war. Er sorgte im Auftrag enteigneter Besitzer von Bananen-Plantagen dafür, dass die Regierung von Guatemala gestürzt wurde und die nachfolgende Regierung die Enteignung rückgängig machte. Als Hitler und Goebels die Propaganda unpopulär machten, gab Bernays seinem Kind einen neuen Namen. Man nennt es heute Public Relations; die anerkannte Methode, sich in der Öffentlichkeit in einem bestimmten Licht darzustellen.

Wir alle lieben Geschichten. Eine gute Geschichte überrennt im Alleingang jede Armee logischer Argumente.

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